Dr. med. Cecilia Bonhag - Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie

Aufmerksamkeitsstörungen AD(H)S

Die Abkürzung AD(H)S steht für das Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)-Syndrom. Man unterscheidet eine Aufmerksamkeitsstörung mit und ohne Hyperaktivität.


Erscheinungsbild:

Kinder mit dem zuerst genannten Störungsbild fallen oft schon im Kindergarten durch eine erhöhte motorische Unruhe und Impulsivität auf. Sie sind oft sehr zappelig im Stuhlkreis, hören nicht richtig zu, vermeiden teilweise länger dauernde "ruhige" Beschäftigungen wie das Malen. Im Umgang mit den Gleichaltrigen zeigen sie sich häufig überschießend in ihren Reaktionen, verhalten sich mitunter aggressiv, haben Probleme, Regeln zu akzeptieren. Zuhause zeigen sich ähnliche Schwierigkeiten. Sie haben wenig Geduld, bleiben bei Mahlzeiten nicht lange sitzen, können ihre Bedürfnisse oft schlecht zurückstellen und reagieren teilweise recht jähzornig, wenn etwas nicht nach ihrem Willen erfolgt. Oft sind sie waghalsig beim Spiel, wirken rastlos in ihren Beschäftigungen. Diverse Auffälligkeiten können schon im Säuglings- und Kleinkindalter auffallen. So sind sie oft leicht irritierbar als Säuglinge, schlafen schlecht durch, schreien vermehrt. Im Schulalter fallen die Kinder durch Konzentrationsschwierigkeiten, mangelnde Ausdauer, motorische Unruhe und u.U. aufbrausendes Verhalten auf. Aufgrund der Aufmerksamkeitsschwäche können sie ihr eigentliches Potenzial oft nicht entsprechend umsetzen, erzielen schlechtere Leistungen als erwartet. Vielfach werden die Eltern von den Lehrkräften angesprochen, da das Kind sich selbst und Klassenkameraden vom Unterricht ablenkt oder anderweitig den Schulbetrieb stört. Jungen sind häufiger vom Störungsbild betroffen als Mädchen.

Tritt neben o.g. Aufmerksamkeitsstörung und Hyperaktivität besonders ein sehr oppositionelles, dissoziales Verhalten wie Lügen, Stehlen, aggressives Verhalten in den Vordergrund, spricht man von einer Hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens.

Kinder mit einer Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität fallen im Vergleich zu o.g. Kindern oft erst im Schulalter auf. Auch sie leiden unter Konzentrationsschwierigkeiten, wirken manchmal sehr verträumt. Es besteht meist eine erhöhte Ablenkbarkeit. Sie erzielen infolge der genannten Auffälligkeiten oft wechselnde oder schwache Resultate in Lernzielkontrollen. Aufgaben werden entweder langsam oder flüchtig und hierdurch fehlerhaft bearbeitet. Eine erhöhte Impulsivität kann vorhanden sein.

Neben o.g. Schulschwierigkeiten leiden die betreffenden Kinder oft auch unter sozialen Problemen. Im Umgang mit Gleichaltrigen reagieren sie oft überschießend, werden aufgrund ihrer Impulsivität und motorischen Unruhe sowie teils aggressivem Verhalten abgelehnt. Sie werden dann oft gemieden, nicht auf Kindergeburtstage eingeladen und fühlen sich hierdurch isoliert. Die möglichen schulischen Misserfolge aufgrund der Aufmerksamkeitsschwäche lassen sie im Weiteren Selbstzweifel hegen. Durch ihr Verhalten haben sie im Klassenverband mitunter eine Sündenbockposition inne, erhalten vielfach auch in anderen Situationen negatives Feedback, was ihr Selbstwertgefühl zunehmend verringert. Oft leidet die ganze Familie unter der Problematik, da es aufgrund der Verhaltensauffälligkeiten des Kindes auch im Kreise der Familie zu vielen Konflikten kommt. So gestaltet sich beispielsweise schon die tägliche Hausaufgabensituation als täglicher Kampf zwischen Mutter und Kind, der beide Seiten gleichermaßen belastet. Die Eltern meiden teils Besuche im Restaurant oder Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen, da sie das Fehlverhalten ihres Kindes bei solchen Gelegenheiten fürchten, sie fühlen sich in der Folge oft sozial isoliert.

Ursachen:

Viele Forschungsergebnisse weisen auf eine neurobiologische Ursache für o.g. Störungsbild hin. Dabei scheint insbesondere der Neurotransmitter (Botenstoff) Dopamin eine maßgebliche Rolle zu spielen, daneben auch der Botenstoff Noradrenalin. Man geht davon aus, dass neben dem dopaminergen auch das noradrenerge System an der Entstehung der Erkrankung beteiligt ist. Die Gabe von Methylphenidat, dessen Wirksamkeit in der Behandlung der Aufmerksamkeitsstörung erwiesen ist, aktiviert dopaminerge Neuronen durch eine Dopaminwiederaufnahmehemmung. Diese Aktivierung konnte durch spezielle bildgebende Untersuchungen nachgewiesen werden. Weitere Faktoren, u.a. Frühgeburt, exzessiver Nikotinkonsum während der Schwangerschaft ergaben statistisch ein erhöhtes Risiko für die Entstehung o.g. Aufmerksamkeitsstörung. Molekulargenetische Studien weisen auf eine genetische Komponente hin.

Verlauf der Störung:

Langzeitstudien haben gezeigt, dass sich bei einem Teil der Patienten die Problematik im Laufe der Zeit, oft während der Pubertät zurückbildet. Bei einem weiteren Teil verringert sich die Symptomatik, bei einem Teil der Patienten bestehen noch im Erwachsenenalter Auffälligkeiten.

Behandlung:

Es empfiehlt sich den heutigen Erkenntnissen nach eine multimodale Therapie, d.h. Kombination verschiedener Behandlungsmaßnahmen. Je nach Ausmaß der Symptomatik und begleitenden Umständen können eine Kombination aus medikamentöser Therapie, Psychotherapie und Beratung von Familie und Schule zum Einsatz kommen.

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